Molkenmarkt
Im Qualifizierungsverfahren Molkenmarkt hat unser Team aus OS arkitekter / cka einen der beiden ersten Preise gewonnen und ist somit für das nun anstehende Werkstattverfahren qualifiziert. Wir sind sehr gespannt und freuen uns auf die Zusammenarbeit mit allen Beteiligten.
aktuelle Infos zum Verfahren erhalten Sie auf: www.molkenmarkt.berlin.de
Unser Vorschlag für den Molkenmarkt ist ein Stadtteil im Wandel. Der Vorschlag nimmt den menschlichen Maßstab der historischen Stadt sowie deren urbanen Motive auf und baut mit einer größtmöglichen Flexibilität darauf auf, um einen robusten und zukunftsfähigen Stadtteil zu gewährleisten. Der Vorschlag bietet performative, sinnliche und urbane Räume und bringt seine Bewohner in Gemeinschaften zusammen.
Stadtstruktur.
Die präzise Einfassung der Straßenräume der Stadtfassade wird in unserem Vorschlag durch eine bewegetere Ausformung zum Hof hin ergänzt. Durchfahrten führen in den Hof, wo eine begrünte Eingangstreppe zunächst zu einem Dachgarten im erweiterten Erdgeschoss und weiter über eine gemeinsame Treppe nach oben zu den breiten Erschließungsgängen führt, die Zugang zu den Wohnungen im Obergeschoss herstellen und Aufenthalt und Pflanzenanbau ermöglichen.
Performative grüne Stadt
Unsere Städte sollten unsere Lunge, unsere therapeutischen Räume werden, Wasser speichern und Nahrungsmittel produzieren. Mit einer grünen Strategie für Stadt- und Gartenräume im Stadtteil glauben wir an einen performativen Landschaftsansatz, bei dem das Bepflanzte sowohl ein sensorisches als auch ein funktionales Element ist.
Pflanzen
Alle Erdgeschosse weisen Elemente vertikaler Begrünung auf. Die überwiegend offenen Fassaden sind so konzipiert, dass die Schlingpflanzen Teil des Fassadenausdrucks werden. Zum Hof hin werden essbare Schlingpflanzen wie Weinreben, Minikiwi sowie vertikales Grün konzipiert, die nach oben klettern und im Sommer grüne Schattenplätze in der Höhe schaffen. Die Bepflanzungen in Straße und Hof sind als präzise Inseln mit eher wilder, trockenheits- und hochwassertoleranter Bepflanzung konzipiert und kann durch Sitzmöglichkeiten, Fahrradabstellplätze und Bäume genutzt werden.
Wasser als Ressource
Starkregen muss in Zukunft über die Fläche aufgenommen werden, statt über Rohrleitungen, damit wir das Wasser in der Bebauung, zur Bewässerung und durch Versickerung zum Grundwasserschutz nutzen können. Das Geländehöhenkonzept sieht Mulden in der Mitte der Höfe vor. Überschüssiges Regenwasser wird vom Dach über Fallrohre zu Pflanztrögen, Beeten und Wasserbecken geleitet, um schließlich in der Mulde zu landen, welche bei heftigen Wolkenbrüchen gefüllt wird und das Wasser zurückhält bevor es versickert.
In den Straßenräumen wird überschüssiges Dachwasser entweder in begrünte Mulden oder direkt in Wasserreservoirs unter Straßenbäumen geleitet. Dadurch entsteht ein Wasserspeicher für warme Zeiten ohne Regen, für einen lebensfähigen Baumbestand und zur Förderung der Verdunstung, ein wichtiger Parameter zur Temperatursenkung im Quartier. Straßenwasser wird als einziges in die Kanalisation geleitet. Bei einem Wolkenbruch jedoch dienen die Straßen als Speicherkapazität und werden nach dem first flush auch als Wolkenbruchschutz in die Mulden im Straßenraum geleitet.
Stadtleben statt Autos
Das Projekt priorisiert das Leben in der Straße, die Sicherheit für Fußgänger und Fahrräder, und minimiert den Autoverkehr, außer für Geschäftsfahrten, indem nur Kurzzeit- und Behindertenparkplätze zugelassen werden.
Sonstiges Parken soll durch die Nutzung der überschüssigen Parkplätze im Parkhaus gedeckt werden. Zusätzlich besteht an den Rändern des Quartiers unter den Gebäude die Möglichkeit 3 Tiefgaragen vorzusehen.
An den Enden der Klosterstraße, bei der U-Bahn und bei der Kirche sind zusätzliche Parkplätze geplant.
Archäologische Erzählung und historische Ortsgebundenheit
Das historische Erbe der Gegend sollte gepflegt und erzählt werden durch die Schaffung eines inneren Kulturpfades von der Ruine der Franziskaner-Klosterkirche, weiter durch den Hof mit der französischen Kirche, dem Großen Judenhof usw.
Im neuen Hof des Block A werden Geschichten über die historischen Hinterhof-Milleus mit Werkstattkultur erzählt und durch neue nach außen gerichtete Funktionen begleitet, von hier aus führt der Kulturpfad weiter in den aktiven Kulturraum Tranzept in der Alten Münze.
Man kann sich fragen, wann die historische Erzählung beginnt und wann sie endet. Es ist offensichtlich mit der Erzählung des archäologischen Erbes, das im Boden liegt und den Ruinen der Gegend. Eine Stärke ist die Verflechtung des Areals mit bestehenden historischen Gebäuden wie dem Alten Stadthaus, da es eine historische Ortsgebundenheit verleiht. Doch der Plan, den Bau der 60er Jahre in der Klosterstraße abzureißen, ist aus Nachhaltigkeitssicht verkehrt und birgt das Risiko des Geschichtslosen; die Gefahr, eine Ära in der Geschichte zu überspringen. Wir sehen viel Potenzial in einer Umgestaltung sowohl des Bürogebäudes an der Stralauer Straße und dieses Gebäudes hier in der Klosterstraße. Als Ausgangspunkt liegt es nahe, am U-Bahn-Ausgang einen Durchgang zu der Grünfläche der französischen Kirche zu schaffen, zusammen mit einem generellen Öffnen der geschlossenen Erdgeschosszonen, und dann die Transformation des zur Zeit zu geschlossenen Ausdrucks der Gebäude. Es macht nicht nur Sinn den Bestand zu nutzen, sondern kann schöne, erlebnisreiche Gebäude und urbane Räume schaffen. Die Gebäudetiefe eignet sich für Gewerbe, aber auch Cluster-Wohnformen.
Bauphasen
Die Bebauung ist in kleinere Einheiten aufgeteilt, die mit Rücksicht auf archäologische Funde etappenweise errichtet werden können.
Bautechnik
Ein durchgängiges Bausystem aus Säulen und Trägern soll die Anzahl von tragenden Trennwänden reduzieren, um größtmögliche Flexibilität zu erreichen. Die Treppenkerne werden brandbeständig ausgeführt und stabilisieren die Gebäude sowohl in Quer- als auch in Längsrichtung. Sie sind rauchfrei als Sicherheitstreppenhäuser ohne zusätzliche Anleiterung konzipiert und ermöglichen hierduch die Anpflanzung von Bäumen in Höfen und Straßen.
Baumaterialien
Die Stadt der Zukunft baut klimagerecht und abfallfrei. Der nachwachsende und leistungsstarke Baustoff Holz leistet hierbei einen zentralen Beitrag. Hohe Vorfertigung im modernen Holzbau prädestiniert ihn für das Bauen in der Stadt. Ressourcenverbrauchende Materialien sollen durch klimafreundliche Materialien ersetzt werden und so zusammengefügt werden, dass sie dauerhaft haltbar, reparabel, trennbar und veränderbar bleiben. Auch hier können wir von historischen Gebäuden lernen, die aus nur wenigen Materialien bestehen, und so dauerhaft reparabel und veränderlich bleiben, und die übrigens meist komplett ohne Technik einen höheren Komfort erreichen als jetzige Gebäude mit viel Technik. Wir müssen das einfache Bauen wieder erlernen.
Flexibilität
Bei der Ausarbeitung des Strukturplans haben wir starken Fokus auf das Bautechnische gelegt. Das haben wir getan, weil wir meinen, dass die gute Stadt ein komplexer Organismus ist, der im Laufe der Zeit in der Lage sein sollte, leben und sich verändern zu können. Mit einer flexiblen Skelettstruktur als Leitidee haben wir eine rationelle Grundrissdisposition herausgearbeitet, die auf gleichem Grundriss an sowohl große und kleine Wohnungen, Wohnungsbaugesellschaften, Gewerbemietverträge und Werkstattwohnungen angepasst werden kann, und dies mit einem einheitlichen Zugangssystem, das jeweils die Gemeinschaft fördert.