Positionspapier des Arbeitskreises Holzbau im Bund Deutscher Architekten BDA, Landesverband Berlin e.V.

 

Die Begriffe Klimawandel und Klimakrise beschreiben den Ernst der Situation nur unzureichend. Wir haben es nicht mit Wetterkapriolen zu tun, sondern mit immer häufiger auftretenden Extremwetterlagen und ihren Folgen. Wir befinden uns in einer Klimakatastrophe.

Wir Menschen sind für die Erderwärmung, den Meeresspiegelanstieg, die globale Umweltverschmutzung und das dramatische Artensterben verantwortlich – die Prognosen für das Leben in der Zukunft sind beängstigend! Ökosysteme werden ausgelöscht, ganze Kontinente unbewohnbar. Die gesellschaftlichen und humanitären Herausforderungen sind enorm. Jeder Einzelne wird diese zu spüren bekommen.

Während wenig verantwortungsbewusste Länder wie die USA aus dem Pariser Klimaabkommen, das Ende 2016 in Kraft trat, aussteigen, haben sich bisher 185 von 197 Ländern dazu verpflichtet, die Erderwärmung auf unter 2 Grad Celsius zu begrenzen (Stand Ende 2018). Allen ist klar, dass das nur durch die drastische Begrenzung der Emissionen, insbesondere des CO2-Ausstoßes, erreicht werden kann. Bis jetzt haben allerdings nur 16 Länder konkrete Maßnahmen definiert, welche die Zusagen im Rahmen des Pariser Klimaabkommens erfüllen – überwiegend durch den Ersatz fossiler Brennstoffe durch regenerative Energien.

Deutschland ist leider kein Vorreiter bei der Emissionsbegrenzung und verfehlt zurzeit, so liest man im Projektionsbericht 2019 des Bundesumweltministeriums, diese Klimaziele deutlich. Bereits Ende März war bei uns die maximal zulässige Jahresmenge an CO2 in die Umwelt gelangt. Unseren vereinbarten Beitrag zum Klimaschutz haben wir nicht geleistet. Im Jahr 2020 drohen Strafzahlungen in zweistelliger Milliardenhöhe.

Eine einheitliche europäische Regelung zur Begrenzung ist nicht in Sicht. Die Politik debattiert anhaltend über die Frage, ob der CO2-Ausstoß über direkte Besteuerung oder einen Zertifikatehandel begrenzt werden kann.

Unsere Energie- und Verkehrswende dümpeln in kleinteiligen Verzögerungsdiskussionen vor sich hin. Die Automobil- und die Luftverkehrsbranche werden verschont, auch die Kohleerzeuger dürfen nicht zu hart angefasst werden. Der dringend notwendige Bau von Stromtrassen scheitert an Bürgerinitiativen, die eher an esoterische Verschwörungstheorien glauben als an wissenschaftliche Studien.

Wir müssen leider feststellen: Bisher hat es die große Koalition nicht geschafft, ein Konzept zur Emissionsbegrenzung zu entwickeln. Ergebnisse sind nicht in Sicht.

Unabhängig davon, wie und in welcher Form überhöhter CO2-Ausstoß sanktioniert werden kann, müssen die Emissionen drastisch heruntergefahren und auf ein Minimum begrenzt werden!

Im Jahr 2014 konnte man bereits in einer Studie des Weltklimarates (IPCC) nachlesen:

In den Industrieländern werden bis zu 40 Prozent der Treibhausgasemissionen durch Gebäude und Gebäudetechnik verursacht. Allein die Betonherstellung ist für bis zu 8 Prozent des globalen CO2-Ausstoßes verantwortlich.

Das Bauen und das Wohnen sind in erschreckend hohem Maße für den Verbrauch von Ressourcen und Energie verantwortlich. Der Anteil am Gesamtenergieverbrauch liegt bei bis zu 60 Prozent! Hinzu kommt ein Anteil von über 40 Prozent am Gesamtmüllaufkommen. Auch der Sandverbrauch zur Betonherstellung ist ein weltweit unterschätztes Problem. Küsten und Flussläufe werden ausgebaggert, der natürliche Küstenschutz wird zerstört – ein Irrsinn angesichts steigender Meeresspiegel.

Wir vom Bund Deutscher Architekten fordern entschieden zu mutigem und klarem Handeln auf. Wir sehen uns gemeinsam mit der Baubranche, den Architekten und Stadtplanern, den Entscheidern in der Politik und den Behörden in der dringenden Verpflichtung, Verantwortung zu übernehmen – auch und vor allem gegen Widerstände der Bremser und Zweifler. Wir stehen für globales Handeln, idealerweise in einem starken Europa in einer Vorreiterrolle – aber auch regionale oder lokale Alleingänge und Entscheidungen zugunsten des Klimas dürfen kein Tabu sein.

Wir fordern ein Umdenken in der bisherigen Vorgehensweise beim Planen und Bauen und Nutzen von Gebäuden – auch im gesamtstädtebaulichen Zusammenhang. Der ökologische Fußabdruck, der maßgeblich auch von der Baubranche auf der Erde hinterlassen wird, muss drastisch verkleinert werden.

Wir Architekten und Stadtplaner haben die gesellschaftliche Verantwortung, eine Zukunft zu entwerfen, die für unsere Kinder bewohnbar bleibt.

Wir sollten den Einsatz klimabelastender Baustoffe wie Beton öfter kritisch hinterfragen. Der Verbrauch von Primärenergie und fossilen Ressourcen muss dramatisch reduziert werden. Es ist keine Lösung, schlecht gedämmte Häuser in Korsagen aus Styropor-Dämmplatten zu zwängen. Derart unsinnige Baustoffe werden aus Rohölprodukten hergestellt und müssen eines Tages als Sondermüll teuer entsorgt werden.

Wir vom BDA fordern, das Bauen mit Holz als eines der wichtigsten Lösungskonzepte umfassend zu etablieren – und vor allem: zu fördern!

Holz ist „der“ klimaschonende Baustoff der Zukunft, der hilft, die Erderwärmung und somit den Klimawandel zumindest zu verlangsamen.

Gebäude müssen selbst zum Kohlendioxidspeicher werden, für eine nachhaltige Zukunft des Bauens stehen und nicht als Klimakiller in die Städte hinein betoniert werden. Nur der Einsatz von nachwachsenden und erneuerbaren Rohstoffen in smarten Gebäudekonzepten kann einen Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen leisten.

Holz ist hierzulande ausreichend vorhanden. Durch eine nachhaltige Forstwirtschaft steht es auch in Zukunft zur Verfügung. Auch der Naturwaldanteil muss gesteigert werden – Wälder in die wenig oder gar nicht eingegriffen wird, sind für unser Ökosystem als CO2-Speicher von großer Bedeutung, dennoch bleiben sie nutzbar und erzeugen sogar Holz in höherer Qualität, bei längeren Nutzungszyklen.

Die Voraussetzungen für das mehrgeschossige Bauen mit Holz sind baurechtlich längst gegeben und in Berlin seit März 2018 in der Bauordnung verankert. Auch die Anforderungen an den Brandschutz sind gewährleistet.

In Berlin sind Holzbauten bis heute unterrepräsentiert, obwohl es seit vielen Jahren herausragende Beispiele – auch mehrgeschossigen Wohnungs- bau – gibt. Gerade einmal 4 Prozent betrug der Anteil der Baugenehmigungen im Jahr 2017 bei Nichtwohnbauten, bei den Wohnbauten waren es 7 Prozent. In Brandenburg sieht es etwas besser aus: Nichtwohnbauten liegen bei knapp 12 Prozent, Wohnbauten bei unter 15 Prozent. In Baden-Württemberg ist die Holzbauquote, sicher auch aus traditionellen Gründen, erheblich höher: Nichtwohnbauten sind dort mit 23 Prozent und Wohnbauten mit 30 Prozent erfasst. Der Bundesschnitt liegt bei ungefähr 18 Prozent.

Von der Senatsbaudirektion und den Behörden erwarten wir ein klares Bekenntnis und ein deutlich mutigeres und vor allem schnelleres Entscheiden und Handeln für mehr Holzbau. Die öffentliche Hand sollte dringend beispielhaft zum Umdenken beitragen und bei Landesbauten wie Schulen, Kindertagesstätten, Verwaltungs- und Kommunalbauten und geförderten Wohnungsbauten auf das Bauen mit Holz setzen. Auch beim Bauen im Bestand sollte Holz das Material der Zukunft sein.

Die holzverarbeitenden Branchen der gesamten Region Berlin-Brandenburg – von Kleinstbetrieben über mittelständische Unternehmen bis hin zur großindustriellen Fertigung – werden vom Wachstum profitieren und eine neue Baukultur mitgestalten.

Wir wollen das Bewusstsein für den nachhaltigen Umgang mit regenerativen Baustoffen schärfen. Hierzu gehört unserer Ansicht nach auch ein Bildungsauftrag. In Dänemark etwa gehören Architektur und Design bereits in der Grundschule zum Lehrstoff. Auch bei uns sollte es derartige Bildungsangebote geben. Es muss selbstverständlich sein, das Leben und Wohnen in den Städten der Zukunft ressourcen- und klimaschonend zu gestalten. Der Weg in eine postfossile, Postkonsumgesellschaft ist für die kommenden Generationen überlebenswichtig.

Wir fordern eine ganzheitliche Betrachtung aller baulichen Maßnahmen. Das beginnt mit der Planung und führt am Ende der Nutzungszeit eines Gebäudes in die ressourcenschonende Weiterverwendung möglichst aller Komponenten. Flexible Holzbausysteme, die so konzipiert sind, dass sie neu zusammengefügt werden können, und auch natürliche Dämmstoffe aus Holzprodukten, Naturfasern oder Lehm sind die Zukunft.

Nur wenn es möglich ist, Baustoffe und Technologien im Sinne der Auswirkungen auf Umwelt und Klima zu vergleichen, können wir die richtigen Entscheidungen – unabhängig von profitorientierten Betrachtungen – treffen.

Wir vom Bund Deutscher Architekten sind für eine klare Klassifizierung von Baustoffen im Hinblick auf ihre Umweltverträglichkeit. Dies kann zum Beispiel durch einen Schadstoffindex oder Umweltlabels dargestellt werden.

Wir fordern eine umgehende Vernetzung der Akteure aus Politik, Architektur und Planung, Bauherrenschaft, Forschung, Holz- und Bauwirtschaft ohne die üblichen spekulativen, gewinnorientierten Interessen.

Berlin braucht dringend Wohnungen – eine Chance für den Holzbau. Wir haben keine Zeit mehr für komplizierte, zaghafte Behördenabläufe und langwierige Entscheidungsfindungen.

Das im Berliner Koalitionsvertrag vereinbarte Holzbaucluster Berlin-Brandenburg muss dringend mit der Arbeit beginnen!

 

 

 

Quellen:

– Zahlen Stand 2017, Holzbau Deutschland – Bund Deutscher Zimmermeister

– Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)

– Informationsverein Holz e.V.

– Bundesumweltministerium

Mehr Holzbau für den Klimaschutz!

 

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Berlin, 2019